Marktkommentar

Zwei gegensätzliche Prognosen: Wie geht es weiter mit der US-Wirtschaft?

4 MIN READ
Apr 30 2025

Im März entschied sich die US-Notenbank Federal Reserve, die Zinsen zum zweiten Mal in Folge unverändert bei 4,25% bis 4,5% zu belassen. Die meisten Analystinnen und Analysten erwarten, dass dieser Kurs auch nach der nächsten Sitzung am 6. und 7. Mai fortgesetzt wird. [1]

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Zwar herrscht in diesem Punkt Einigkeit, doch vieles andere bleibt ungewiss. Die Wirtschaftsdaten deutet weiterhin auf eine ruhigere Entwicklung hin, doch die Marktstimmung signalisiert mögliche Turbulenzen. Der vorliegende Artikel beleuchtet beide Sichtweisen und erläutert, was sie für Anlegerinnen und Anleger bedeuten könnten.

Die Sitzung vom März

Sowohl in der Stellungnahme vom März als auch im Rahmen der anschliessenden Pressekonferenz vertrat Fed-Chef Jerome Powell seine bekannte Haltung: Die Fed sei zu Zinserhöhungen oder -senkungen bereit, sollte die Inflation steigen oder sich der Arbeitsmarkt abschwächen. Insgesamt gab er sich vorsichtig optimistisch, gestützt durch die Tatsache, dass die US-Wirtschaft «nach wie vor solide» sei.[2]

Die Sitzungsprotokolle vermitteln jedoch ein etwas differenzierteres Bild, da die Verantwortlichen offenbar immer noch damit beschäftigt sind, die abrupten Zollmassnahmen der Trump-Regierung gegenüber Kanada und Mexiko zu verarbeiten. Die überarbeitete Prognose der Fed spiegelt diese Unsicherheit wider: Die Inflationsprognose wurde von 2,5% auf 2,7% angehoben, während das erwartete Wachstum gegenüber dem Ausblick vom Dezember von 2,1% auf 1,7% gesenkt wurde.[3]

Nachwirkungen des Liberation Day

Nachdem am «Liberation Day» mehrere umfangreiche Zollerhöhungen angekündigt worden waren, hat die Strategie der Regierung, Verhandlungsdruck auszuüben, die Volatilität weiter angeheizt. Wie bereits im März wurden die meisten der geplanten Zölle anschliessend wieder ausgesetzt – offenbar, um Zeit für Gespräche mit den betroffenen Ländern zu gewinnen.[4]

Dieser unberechenbare Ansatz scheint ganz bewusst Teil der Verhandlungsstrategie von Präsident Trump zu sein. Und angesichts der Reaktion der Märkte, die nach der Bekanntgabe eine Kehrtwende vollzogen, scheint er durchaus sein Ziel zu erreichen.

Jerome Powell fühlte sich während einer Fragerunde am 16. April zu einer Stellungnahme veranlasst. Er betonte zwar erneut, dass die Wirtschaft vorerst stabil sei, warnte jedoch davor, dass die USA aufgrund der handelspolitischen Kurswechsel bald von ihrem Ziel, eine niedrige Inflation und einen hohen Beschäftigungsgrad zu erreichen, abdriften könnten.[5]

In der Antwort von Präsident Trump, in der er Powell unter anderem nahelegte, er solle die Zinsen senken oder mit seiner Entlassung rechnen, woraufhin er seinen Ton wieder mässigte, konnte man seine Zollstrategie erkennen.[6]

Die Daten

Mit 4,2% ist die Arbeitslosigkeit im historischen Vergleich weiterhin tief und deutet auf eine anhaltend gute Konjunktur hin.[7] Auch die jüngsten Inflationszahlen geben keinen Anlass zur Sorge, sind jedoch auch kein Zeichen dafür, dass die Gefahr gebannt ist.

Die aktuellen Verbraucherpreisindex-Daten (CPI) zeigen einen deutlichen Rückgang, wobei die annualisierte Inflation von 2,8 % auf 2,4 % gefallen ist – der niedrigste Wert seit 2021.[8] Der Kern-PCE-Index – aus Sicht der Fed wohl die wichtigste Kennzahl – setzte seinen Rückgang im März nach einem leichten Anstieg im Februar fort und liegt nun bei 2,6 %.[9] Das ist ermutigend, liegt aber weiterhin spürbar über dem 2 %-Ziel.

Im Grossen und Ganzen kann man sagen, dass seit 2022 erhebliche Fortschritte erzielt wurden, aber die jüngsten Daten deuten darauf hin, dass sich die Dynamik in den letzten sechs Monaten etwas verlangsamt hat.

Die Kritikerinnen und Kritiker der Handelsmassnahmen von Trump, darunter auch Powell, sind der Ansicht, dass plötzliche Zollerhöhungen dazu führen könnten, dass die USA in eine Stagflation geraten – ein Szenario, in dem die Inflation bei schwachem Wachstum steigt. Dies stellt eine der grössten Herausforderungen für die Fed dar.

In Verbindung mit der Ungewissheit rund um Einwanderung, Fiskalpolitik und Regulierung befinden wir uns aktuell in der folgenden Situation: Es herrscht erhebliche Marktunsicherheit, die leicht zu einer echten Belastung für die Wirtschaft werden könnte.

Fazit

Erfolgreiches Anlegen hängt oft davon ab, ob man weiss, wann man der Masse folgen und wann man den Kurs beibehalten sollte. In Zeiten von Marktstress entscheidet eher das Verhalten als die Schlagzeilen über den Ausgang.

Die Versuchung ist gross, auf alarmierende Nachrichten oder gewagte Kommentare zu reagieren, aber man sollte auch bedenken, dass es weit weniger Menschen gibt, welche die Situation wirklich verstehen, als diejenigen, die dies von sich behaupten. Niemand kann geopolitische Entwicklungen mit absoluter Genauigkeit vorhersagen.

Bei unklarer Lage kann es kontraproduktiv sein, mit aller Kraft nach Gewissheit zu suchen. Sich in Geduld zu üben, ist zwar schwierig, aber oft die zuverlässigere Strategie, insbesondere wenn sie durch einen gut strukturierten, langfristigen Finanzplan abgestützt wird.

Unsichere Zeiten verdeutlichen einmal mehr, wie wichtig ein diversifiziertes Portfolio ist, das auch weniger korrelierte Anlageklassen umfasst, um für alle Eventualitäten gewappnet zu sein.


[1] CME FedWatch

[2] U.S. Federal Reserve

[3] U.S. Federal Reserve

[4] BBC

[5] CNBC

[6] New York Times

[7] Bureau of Labor Statistics

[8] Bureau of Labor Statistics

[9] Bureau of Economic Analysis  

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